Überzeugen

Robert Cialdini hat sich mit den Grundlagen des Überzeugens auseinander gesetzt. Viele der Mechanismen werden vor allem im Vertrieb und in Marketing berücksichtigt, doch auch in der Therapie geht es manchmal darum, die Patienten von sich selbst und den eigenen Anschauungen zu Überzeugungen. Dies kann Compliance, Psychoedukation, und die Beratung erheblich erleichtern, wenn man überzeugend auftritt. Die besten Inhalte werden ihren Effekt nicht erzielen können, wenn die Quelle als nicht vertrauenswürdig oder überzeugend erachtet wird.

Leben im Autopiloten

Das Menschliche Gehirn vermag vielerlei Wunderliche Dinge. Trotzdem wundern wir uns manchmal, das wir uns immer wieder von den selben Maschen überrumpeln lassen. Dies liegt daran, dass Handeln und Wissen zwei paar Schuhe. Häufig kommen wir nämlich gar nicht erst in einen Modus der elaborierten Entscheidungsfindung, sondern entscheiden „aus dem Bauch heraus“.

Wenn sie einen dunklen Raum betreten, werden sie intuitiv nach dem Lichtschalter suchen. Erst wenn sie den Schalter betätigen und sie bemerken, er nicht funktioniert, werden sie darüber nachdenken, was zu tun ist. Wieso? Häufig handeln wir völlig automatisiert, bis eine unvorhergesehene Situation eintrifft, bei der automatisiertes Handeln nicht ausreichend ist.

Das gleiche gilt für soziale Situationen auch, wir werden häufig erst erkennen, was mit uns passiert ist, wenn die Überzeugungsarbeit schon geleistet ist. Erst bei genauerem Hinschauen wird uns oftmals bewusst, dass wir automatisiert entschieden haben – gegen unsere Interessen.

Die Prinzipien, nach denen Überzeugungen im Marketing genutzt werden, können jedoch auch in der Therapie hilfreich sein – zum Gunsten des Patienten.

Häufig haben Patienten wenig hilfreiche Denkschemen, sie sind zwar zu natürlichem Willen fähig, nicht aber zu freien Willem. Hier kann es hilfreich sein durch Überzeugungsarbeit ein wenig die Widerstände des Patienten zu überbrücken – zum Gunsten seiner Selbstentwicklung.

Das Prinzip der Gegenseitigkeit

Es macht Sinn mit seinen Energien zu haushalten. Niemand investiert gerne in Menschen, ohne dass Sie die eigenen Bemühungen erwidern. Häufig sprechen Menschen über Altruismus, also der Hilfsbereitschaft ohne der Erwartung einer Gegenleistung. Viele Akte des Altruismus sind bei genauerem Hinsehen jedoch gar nicht so Selbstlos wie es scheint.

Häufig wurde die Vampirfledermaus genannt als ein Beispiel. Die Fledermäuse haben einen sehr schnellen Stoffwechsel, weswegen sie regelmäßig auf Nahrung angewiesen sind. Häufig erbeuten sie jedoch nichts, bei ihren Ausflügen. Man beobachtete also, dass diese Fledermäuse sich gegenseitig füttern – sehr klug, denn sonst würden sie innerhalb von drei Generationen aussterben. Aber wer füttert wen?

Wenn man sich anschaut, wer wen füttert, findet man heraus, dass sich in erster Linie verwandte und befreundete Fledermäuse füttern. Und vor allem: Es füttern sich gegenseitig Individuen, die einander füttern. Das Verhalten ist gegenseitig! Es dient der Arterhaltung und der eigenen Sicherheit, es ist also keineswegs altruistisch.

Auch in der Zwischenmenschlichen Kommunikation werden sich langfristig nur Menschen durchsetzen können, deren Handlungen und Zuwendungen auf Gegenseitigkeit beruhen. Das bedeutet für die therapeutische Beziehung:

  • Gehe in Vorkasse, mach Komplimente
  • Bewundere deine Patienten und schreibe ihnen Kompetenz zu
  • Spiegel seine Haltung
  • Biete ihnen Essen und trinken
  • Denke über sie nach und lasse es sie wissen
  • Mache deinen Klienten Notizen und Skizzen und gib sie Ihnen mit

Wenn du das beachtest, werden sie versuchen sich in gleichem Maße in die Therapie einzubringen.

Das Sympathieprinzip

Umso sympathischer uns ein Mensch ist, umso schneller wird er uns von etwas überzeugen können. Es gibt vielerlei Quellen für Sympathie, hübsche, große Menschen, die sich in der Nähe befinden und uns wenig bewerten sind häufig Sympathieträger. Doch was kann man tun um dem Gegenüber sympathisch zu sein?

  • Mache einen starken ersten Eindruck beim Gegenüber: Sei vorbereitet, kenne seinen Namen, schaffe eine herzliche Athmosphäre.
  • Zeige dich interessiert: Stelle Fragen, Sei aufmerksam, zeige Interesse am Gegenüber und versuche etwas zu finden, was dich an ihm begeistert.
  • Urteile nicht: Verurteile Menschen nicht für ihr Handeln. Sich Hilfe zu suchen erfordert viel Größe. Schenke dem Anerkennung.
  • Sei Authentisch: Spiele keine Sicherheit wo du keine hast, äußere deine Emotionen und Bedenken. Du bist ein Modell für deinen Patienten – Sei ein Vorbild in angemessener authentischer Kommunikation.
  • Achte auf deine Körpersprache: Benutze deine Hände. Halte deine Haltung offen. Verliere nicht den Kontakt zur Rückenlehne. Lächle und Lache viel.
  • Nutze den Namen des Gegenübers: Erinnere dich an Lebensdetails, Vorlieben und Ereignisse, die für den Gegenüber von Bedeutung sind.
  • Sei leidenschaftlich und habe Spaß: Habe Spaß an dem was du tust, und vor allem an der Begegnung mit den Menschen.
  • Bleib bescheiden: Dränge dich nicht in den Vordergrund. Achte auf deine Redeanteile und Redebeiträge. Nimm dich selbst auch mal auf die Schuppe und bleibe selbstironisch bei allem was du tust.

Prinzipiell kann man vieles tun um die Sympathie bei anderen Menschen positiv zu beeinflussen. Es gibt trotzdem Dinge, die nicht unmittelbar veränderbar sind. Aussehen, Ähnlichkeit, Nähe sind Faktoren die nur bedingt veränderlich sind. Aber auch hier ist es möglich:

  • Achte auf Kleidung und Körperpflege: Kleide dich ansehnlich und schlicht, lenke nicht von dir ab. Sorge für angenehme Gerüche.
  • Nahe Kommunikation auf Distanz: Nutze kluge Kommunikationswege. Schreibe Feedbackkarten und Erinnerungs-SMS, gib deinen Patienten Zeichnungen und Mitschriften aus deiner Sitzung mit.
  • Wertschätzung bei Unähnlichkeit: Ähnliche Menschen sind uns sympathischer. Wieso eigentlich? Wir feiern selten Diversität. Wertschätze die Unterschiede, die du bemerkst (sofern du sie sympathisch findest).

Sofern man Spaß und Freude am Austausch mit Menschen hat, wird es einem wohl möglich sein Sympathiepunkte zu sammeln. Gleichzeitig wird man dabei zu einem guten Modell für seine Patienten.

Das Prinzip der Autorität

Dieses Prinzip der Autorität mag ich persönlich nicht – häufig schwingt hier Referenzialismus mit. Es geht um die Frage welche Expertise jemand hat, wie vertrauenswürdig oder begabt eine Quelle oder ein Gesprächspartner ist. Was den Gegenüber betrifft stellen sich folgende Fragen:

  • Wie hoch ist der akademische Grad einer Person
  • Welchen Rang hat sie innerhalb eines Bezugssystems
  • Wie viel Einkommen oder Status hat die Person

Helfen kann das Prinzip der Autorität trotzdem, vor allem dann wenn man seine Psychoedukation und die Therapie mit Sinnsprüchen und Zitaten anreichert, oder seine Informationen aus respektablen Quellen bezieht. Mein gerne zitierter Spruch „Talk is Cheap“ von den Toasters, erfüllt dieses Kriterium leider nur mangelhaft, hätte Beethoven dies gesagt, würden meine Patienten ehrfürchtig erzittern.

„Tu nichts was nicht Spiel ist.“ von Marshall Rosenberg hat da sicherlich bessere Karten, da er ein Wahrzeichen der gewaltfreien Kommunikation geworden ist und sich weit über die Grenzen der Psychologie hinaus einer großen Bekanntheit erfreut.

Das Prinzip der sozialen Bewährtheit

Beim Prinzip der sozialen Bewährtheit kann in der Therapie häufig einen Bärendienst leisten. Menschen beurteilen Verhaltensoptionen danach, ob diese Option auch von anderen Menschen ausgewählt wird. Doch häufig kann dieser Common Sense auch dysfunktional und ein aufrecht erhaltender Faktor sein – zumindest wenn man den herkömmlichen Menschen als Referenzgruppe nimmt.

Ich lasse meine Patienten jedoch regelmäßig wissen, welche Interventionen bei vielen meiner Patienten zu erheblichen Verbesserungen führen. Im Gruppenkontext hilft es dabei häufig, wenn geeignete Modelle gerade vorhanden sind, an denen sich andere orientieren. Folgende Interventionen haben – regelmäßig angewendet – zu massiven Veränderungen bei vielen meiner Patienten gefühlt.

Diese Information kann Patienten helfen um sich selbst zu den Übungen zu motivieren und bei der Stange zu bleiben, bis sie endlich erste Effekte sehen.

Das Prinzip der Knappheit

Kurz und Knapp: Umso knapper ein Gut umso eher möchten die Menschen es haben. Leider ein altbekanntes Thema in der Psychotherapie. Auch innerhalb von Kliniken sprechen sich häufig die guten Therapeuten herum und sind entsprechend beliebt und entsprechend schwer ist es an eine gute Behandlungsoption zu kommen.

Das Prinzip der Konsistenz

Menschen wollen vorhersagbar und verlässlich auf andere wirken. Menschen die diese beiden Eigenschaften in sich vereinen wirken vertrauenswirksam auf uns, wir haben Lust uns auf sie einzulassen. Was können wir als Therapeuten tun?

  • Sei konsistent: Bleibe für andere vorhersagbar in deinen Werten und Handlungen, sei verlässlich und bemühe dich unablässig um eine gute Beziehung, auch im Falle von Widerständen.
  • Entwickle Routinen: Entwickle Abläufe in deiner Gesprächsführung, die immer wiederkehren. Eine Startroutine eine Endroutine. Halte bestimmte Abläufe ein.
  • Wiederhole dich: Einige Dinge sitzen nicht beim ersten mal. Wiederhole dich, wenn es notwendig wird und ergänze wichtige Details. Verständnis entsteht durch Einsicht und Übung. Beides braucht Wiederholungen.

Allerdings wird Konsistenz im therapeutischen Geschehen auch immer wieder problematisch sein, nämlich die Konsistenz des Patienten. Dieser wird den Drang zur Konsistenz überwinden müssen um therapeutische Fortschritte zu erzielen. Auch negative Selbstbilder werden oft erhalten und verteidigt, auch wenn sie nicht hilfreich sind – aus Konsistenzbestreben. Folgende Interventionen können bei diesem Problem behilflich sein:

Konsistenzstreben kann also sowohl die Therapie befruchten, als sie auch behindern. Gerade als Therapeut ist es wichtig, hin und wieder mit der Konsistenz zu brechen und unvorhersagbar zu bleiben. Positive Verstörung kann ein wunderbares Mittel gegen konsistentes Patientenverhalten sein.

Prinzip der Zusammengehörigkeit

Wir lassen uns eher von Menschen überzeugen, die mit uns zu einer Gruppe gehören. Dies ist einer der Faktoren, der Gruppentherapie so extrem stark macht. Patienten profitieren von anderen Patienten viel mehr als von Therapeuten, da diese für sie häufig die besseren Modelle sind und sich näher an der wahrgenommenen Lebenswirklichkeit des Patienten befinden.

Indikativgruppen und Trialoge können für Patienten, Behandler und Angehörige wichtige Austauschplattformen liefern, an denen sie sinnvolle Verhaltensmodelle kennenlernen können.

Der Austausch mit dem Patienten kann erleichtert werden, wenn er dem gleichen Geschlecht, der gleichen Kohorte oder ähnlichen Lebensumständen entspricht. Wer es Plakativer mag, kann seiner Bezugsgruppe auch einen Namen geben, vielleicht etwas dynamisches wie: “ Die Welle“. Und zuschauen wie die Überzeugungsstärke innerhalb der Gruppe massiv zunimmt ;).


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