Sucht

Abhängigkeit, auch Sucht, bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Man wünscht sich also einen Zustand herbei, den man durch den Konsum einer Substanz oder das vollführen einer Tätigkeit erreicht. Es werden daher auch stoffgebundene und stoffungebundene Süchte unterschieden.

Stoffgebundene Süchte

In der ICD-10 werden folgende Stoffklassen (in fett) mit folgenden Suchtmittelnd (nicht erschöpfend) unterschieden:

  • Alkohol
  • Opioide (Fentanyl, Oxycodon, Heroin, Codein, Buprenorphin, Methadon, Tramadol, Naloxon, Piritramid, Tillidin, Moprhin…)
  • Cannabinoide
  • Sedative und Hypnotika
    • Benzodiazipine: (Bromazepam, Flunitrazepam, Flurazepam, Lorazepam, Nitrazepam, Oxazepam und Tetrazepam)
    • Nonbenzodiazipine: Zopiclon, Zaleplon, Zolpidem
    • Barbiturate
  • Kokain
  • Stimulanzien (Amphetamin, MDMA, Methylphenidat, Koffeein, Modafinil)
  • Halluzinogene
    • Psychedelika: LSD, Psilocybin, DMT, Mescalin, LSA, Phenethylamine, Tryptamine
    • Dissoziativa: Ketamin, PCP, Lachgas
    • Delirantia: Scopalmin (Engelstrompete, Stechapfel), Muscimol (Fliegenpilz, Pantherpilz)
  • Tabak
  • Lösungsmittel
  • Multipler Substanzgebrauch

Der beste Überblick über die bekannten Substanzen. Abgesehen von neueren „Legal Highs“ sollte hier alles wesentliche stehen um sich umfassend zu informieren.

Generell rate ich von der Benutzung „legaler“ Designerdrogen ab, da häufig ein Dosierungsproblem herrscht, das tatsächlich schnelle Toleranzentwicklung fördert und häufig schnell in die Sucht führt. Zudem kommt es leider häufig zu Überdosierungen mit entsprechend drastischen Folgen. Generell gilt: Informiert euch bitte vorher, bevor ihr was nehmt. Es gibt drugchecking – nutzt es!

Safer-Use-Hinweise

Generell gibt es Hinweise, die beim Konsum hilfreich sind, beachtet immer folgende Hinweise und konsumiert, wenn ihr konsumiert bewusst.

  • Beachtet Set und Setting
    • Wenn es euch schlecht geht, konsumiert nicht
    • Wenn ihr euch nicht sicher fühlt/ unsicher seid konsumiert nicht
  • Informiert euch im Vorfeld über den Stoff, schaut ob ihr ihn prüfen lassen könnt.
  • Don’t Mix: Mischt nicht wild verschiedene Stoffgruppen. Einige Wirkungen heben sich gegenseitig auf oder verstärken sich. Beginnt bitte nicht eure Zustände ausschließlich über Mittel verändern zu wollen.
  • Konsumiert selten.
  • Vermeidet bestenfalls Opiate und Legal Highs.

Stoffungebundene Süchte

Die stoffungebundenen Süchte umfassen zum Beispiel folgende Verhaltensweisen:

  • Medien- und Pornographiekonsum
  • Arbeit
  • Sex
  • Kauf
  • Gaming
  • Glücksspiel

Die stoffungebundenen Süchte sind im Moment nicht vollständig in den Klassifikationssystemen implementiert, sie werden unter  F 63.9 – Abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle zusammengefasst.

Suchtkriterien

Zur Feststellung ob eine Sucht vorliegt, eignen sich jedoch immer die allgemeinen Suchtkriterien.

  • Starkes Verlangen: Das Suchtmittel oder die Tätigkeit ist immer Präsent. Ständig sind bestimmte Gedanken zur Tätigkeit oder dem Suchtmittel präsent. Es gibt einen ausgesprochen großen Willen, Wunsch, oder Zwang dem Konsum/ der Tätigkeit nachzugehen
  • Kontrollverlust: Betroffene verlieren die Kontrolle über den Konsum / das Ausüben einer Tätigkeit. Sie können Konsumbeginn und Konsumbeendigung nicht mehr kontrollieren.
  • Abstinenzunfähigkeit: Auf das Suchtverhalten oder das Suchtmittel kann nicht mehr verzichtet werden, auch dann nicht, wenn dadurch schmerzhafte Konsequenzen hervorgerufen werden (Abwendung von Freunden, Verlust der Partnerschaft, Körperliche / Psychische Beschwerden, Verlust von Arbeitsplatz, finanzielle Probleme…).
  • Toleranzbildung: Das Verhalten oder die Dosis der Substanz muss erhöht werden um den gleichen Effekt zu erzielen. Man braucht mehr Verhalten / Konsum um die erwünschte Wirkung zu erzielen.
  • Entzugserscheinungen: Sofern das Verhalten oder der Konsum nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, treten Symptome auf wie Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Schmerzen, Schlafstörungen oder Halluzinationen. Im Bereich der Verhaltenssüchte eher Aggressionen, Nervosität, Niedergeschlagenheit, Ängste und Panikzustände oder innere Getriebenheit.
  • Rückzug / Verlust von Interessen: Die Betroffenen ziehen sich aus sozialen Interaktionen und ihren Interessensfeldern zurück um ihrem Konsum oder der Verhaltenssucht nachzugehen. Nicht suchtbezogene Tätigkeiten verlieren an Bedeutung.

Suchtentstehung

Eine Substanz zu Konsumieren oder ein Verhalten auszuführen hat nicht unmittelbar sofort Suchtcharakter. Wie Entstehen Süchte? Und wieso sind sie so schwer unter Kontrolle zu bringen?

Funktionaler Konsum – Mittel zum Zweck

Meistens wird das Verhalten / der Konsum ausgeführt um einen bestimmtem Effekt zu erzielen. Meist geht es dabei um die Selbststimulation oder die Selbstberuhigung, oder schlichtweg um das Vermeiden von Entzugserscheinungen.

Selbststimulation

Die meisten Menschen konsumieren zum Beispiel Alkohol um in eine ausgelassenere Stimmung zu kommen. Sie wünschen sich ein wohliges Gefühl, Bewegung, Tanz und Ausgelassenheit. Emotionen werden als intensiver erlebt, hemmende Gedanken werden reduziert, das Verhalten wird energetisiert.

Selbstberuhigung

Alkohol wirkt zwar zunächst anregend, hat jedoch bei höheren Konsum eine eher sedierende, also beruhigende Wirkung. Viele Menschen trinken um besser einzuschlafen oder versuchen auf diese Art ihren Stress zu bekämpfen.

Selbstoptimierung

Viele Menschen konsumieren um eigenen Schwächen zu kompensieren, viele ADHSler kiffen um die innere Unruhe zu bekämpfen, Menschen die viel arbeiten greifen häufig zu Stimulanzien um gegen Erschöpfungszustände anzugehen. Viele versuchen einfach nur „besser klarzukommen“ mit dem Leben.

Gewohnheitsbildung und Toleranzbildung

Im ersten Schritt lernen die Menschen also, dass ein Verhalten oder der Konsum einer Substanz einen erwünschten Effekt hat. Danach folgen Gewohnheitsbildung und Toleranzbildung.

Gewohnheitsbildung

Das Verhalten / der Konsum wird immer mehr in den Alltag integriert. Negativ erlebte Zustände beginnen Craving hervorzurufen. Problemen und Missständen wird immer häufiger mit Konsum begegnet. Hinweisreize erleichtern zunehmend das Anbahnen von Konsum oder Problemverhalten.

Toleranzbildung

Toleranzbildung bedeutet, dass immer mehr benötigt wird um den ursprünglichen Effekt zu erzielen. Das Verhalten oder der Konsum muss intensiviert werden. Das bedeutet gleichsam, dass mehr Kraft und Zeit aufgewendet werden muss um den gleichen Zielzustand zu erreichen.

Suchtgedächtnis

Das Konsum- und Verhaltensmuster wird in die neuronalen Kreisläufe integriert und in Lern- und Erfahrungsstrukturen integriert. Es wird Teil des Selbstbildes und eigene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Eigenheiten werden zumindest teilweise auf den Suchtinhalt attribuiert. Situationen, Umgebungen und Gedanken weisen immer häufiger auf suchtspezifische Inhalte hin.

Entzugssyndrom

Bei Abstinenz vom Suchtinhalt kommt es dann zu körperlichen oder psychischen Enzugssymptomen. Das können sein: Zittern, Schwitzen, Übelkeit, Hitze- und Kälteschauer, Krämpfe, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, innere Unruhe, Gereiztheit. Diese Symptome können mehrere Wochen anhalten.

Suchtbehandlung

Die beste Behandlung von Sucht findet präventiv statt – Es kommt also gar nicht erst zur Entwicklung einer Sucht. Sollte man sich jedoch im Missbrauch oder in der Sucht befinden, ist es zunächst sinnvoll den Hausarzt oder eine Suchtberatungsstelle in der Nähe aufzusuchen. Die Behandlungsoptionen umfassen in der Regel folgende Optionen:

  • ambulante Suchtrehabilitation: Findet durch Suchtberatungsstellen und Rehakliniken statt.
  • Entgiftungstherapie: Findet in der Regel stationär Psychiatrisch statt
  • Entwöhnungsbehandlung: Ist eine stationäre Behandlung die für gewöhnlich 3 – 6 Monate dauert und in einer Rehaklinik durchgeführt wird.
  • Nachsorgebehandlungen: können nach der Entwöhnungsbehandlung in Anspruch genommen werden

Sucht und Psychotherapie

Bisher ist die Suchtmittelabstinenz in der Regel Voraussetzung für eine Psychotherapie. Daher werden Abhängigkeitserkrankte mit Komorbiditäten aktuell in der Regel gebeten einer Entwöhnungsbehandlung nachzugehen.

Seit 2011 kann Psychotherapeutische Behandlung auch erfolgen, wenn der Patient sich proaktiv um Suchtabstinenz bemüht.

Einige Substanzklassen, allen voran Sedativa sabotieren eine gewinnbringende Therapie, da sie die Emotionsverarbeitung massiv verändern.


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