BEBB-Karte

Die Gewaltfreie Selbstklärung habe ich aus der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg entwickelt. Ich nenne das Verfahren “ BEBBEN“, nach dem Akronym: Beobachtung, Emotion, Bedürfnis und Bitte. Hier können die Grundlagen zur gewaltfreien Selbstklärung nachgelesen werden. An dieser Stelle geht es um die Strukturierte Nutzung der Karte.

Ich erkläre den Patienten, dass die gewaltfreie Kommunikation dazu dient, möglichst schnell Konsens herzustellen und einen Austausch zu ermöglichen. Ich verdeutliche jedoch auch, dass es Menschen gibt, bei denen das nicht weiterhelfen wird. Hier müsste man sich dann abgrenzen.

Die Gewaltfreie Reflexion dient eher dazu Triggersituationen besser wahrzunehmen, seine Emotionen zu erkennen, die dahinterliegenden Bedürfnisse zu ergründen und vor allem: Handlungsweisen zu reflektieren, die mich in ähnlichen Situationen voranbringen können. Dadurch, dass sowohl Trigger schneller erkannt werden, als auch eine Handlungsoption vorbereitet ist, wird es einfacher angemessener in schwierigen Situationen zu reagieren.

Hierzu sollen die Patienten über Situationen nachdenken, die sie zuletzt “ etwas angepiekt haben“. Und für diese Situation sollen sie die unten liegenden Punkte ausarbeiten.

Die Karte in kürze, sieht so aus:

Beobachtung

Auf der Karte steht relativ eindeutig was eine Beobachtung ist und was nicht. Beobachtungen sollten durch die Sinne wahrgenommen werden. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich um Gedanken. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig und schult die Patienten in Achtsamkeit. Die Beobachtung sollte wertungsfrei und vorwurfsfrei formuliert werden. Sonst droht man schnell sich in interaktionellen Kleinkriegen zu verstricken. Was kann gesehen, gehört, ertastet werden? Diese Fragen stehen im Vordergrund.

Deutet ein Patient Ideen, Mutmaßungen, Motive oder Annahmen in die dargestellten Interaktionspartner, die nicht explizit formuliert wurden, sollte die Beobachtung weiter in Fokus genommen und angepasst werden.

Gute Beobachtung: Er sprach mich laut vor Kollegen an und fragte mich, wieso ich den Termin nicht eingehalten habe.

Schlechte Beobachtung: Er hat mich gedemütigt, indem er mir meine Versäumnisse vorhielt.

In der zweiten Beobachtung muss davon ausgegangen werden, dass ein Motiv der Kränkung oder Schädigung vorliegt, dies ist jedoch nicht klar.

Emotion

Als nächstes sollen die Patienten die entsprechenden Emotionen benennen. Wichtig ist hierbei, dass die Patienten alle Emotionen nennen, die in diesem Moment eine Rolle gespielt haben. Viele kennzeichnen nur die stärkste der vorliegenden Emotionen.

Aus dem Emotionen können die Bedürfnisse gedeutet werden, die frustriert wurden. Häufig stehen verschiedene Bedürfnisse miteinander in Konflikt, die auch als solche erkannt werden sollten. Daher ist es sehr wichtig, das alle assoziierten Emotionen angekreuzt werden.

Schlechtes Beispiel: Ich war sauer. – Ok.

Gutes Beispiel: Ich war sauer! – Was war da noch, was lag unter der Wut? – Ich glaube ich hatte Angst, dass die mich für unzuverlässig halten. – Kontrollosigkeit. – Ja irgendwie habe ich mich hilflos gefühlt. Dabei habe ich doch alles gegeben um so viel wie möglich unter einen Hut zu bekommen! – Sie waren also auch ein wenig Enttäuscht!

Danach können auf der Karte Wut1, Enttäuschung2, Angst3, Hilflosigkeit4 mit einer kleinen Ziffer versehen werden.

Bedürfnisse

Da Emotionen Bedürfnisanzeiger sind, kann man die Bedürfnisse mehr oder weniger eindeutig aus den Emotionen herauslesen. Es sind die wesentlichsten Bedürfnisse auf der Karte gekennzeichnet.

Beispiel: Welches Bedürfnis steckt hinter der Wut? – Hmm, weiß nicht… – Sicherheit? – Waren sie denn unsicher in dem Moment? – War das gefährlich? – Neee… – Sie haben sich nicht ernst genommen gefühlt, hmm? – Ja genau! – Welches Bedürfnis von der Karte passt dazu? – Anerkennung? – Ja das klingt doch gut. Weiter zum nächsten. Welches Bedürfnis passt zur Angst die sie Empfunden haben? – Ich wollte nicht wie ein Dummkopf dastehen! – Genau! Was auf der Karte passt dazu? – Anerkennung? – Ja genau! Sie wollten, dass andere sie und ihre Leistung anerkennen. – Was verbirgt sich hinter der Hilflosigkeit?- Das ist einfach: Sicherheit! – Hmm, in Gefahr waren sie ja nicht? – Äh ja stimmt ja… – Haben sie sich Kompetent in der Situation gefühlt? – Gar nicht… – Was passt dazu? – Ah! Kompetenzerleben! – Genau, sie hätten sich lieber kompetent und selbstsicher gefühlt. – Unbedingt! – Und die Enttäuschung? Wo kommt die her? – Es war insgesamt ne schwierige Zeit in der Firma und ich hätte mir also gewünscht, dass andere auch Rücksicht nehmen. – Es war also nicht Gegenseitig? – Nein. – Na dann ist der letzte nun auch klar: Reziprozität. – Was heißt’n dieses Rezi-Pozi? – Gegenseitigkeit. Tit for Tat, so wie du mir so ich dir. – Achso, ja das passt.

Dann können die Bedürfnisse Kompetenzerleben, Anerkennung und Reziprozität mit den jeweiligen Ziffern auf der Karte versehen werden. (Wut1, Enttäuschung2, Angst3, Hilflosigkeit4). Kompetenzerleben4, Anerkennung1,3, Reziprozität2).

Bitte (an sich selbst)

Nachdem die Patienten nun die Emotionen und die Bedürfnisse herausgearbeitet haben, ist die Frage, wie man hätte anders mit diesen Bedürfnissen umgehen können. Die gewaltfreie Selbstklärung in Abgrenzung zur gewaltfreien Kommunikation, sehe ich als Reflexionsmittel, nicht als Kommunikationsmittel. Ich mache den Patienten sehr deutlich, dass ich nicht erwarte mit dem Gegenüber gewaltfrei zu kommunizieren. Zumal auch gewaltfreie Kommunikation unerwünschte Ergebnisse hervorbringen kann. In erster Linie, soll der Patient daher die Bitte an sich selbst stellen. Die Frage lautet: Was könnte ich in der gegebenen Situation anders machen, sofern sie sich nochmal so ergibt. Idealerweise sollte die Bitte etwas enthalten was man tun kann.

Schlechtes Beispiel:

Ich reg mich beim nächsten mal einfach nicht so auf.

Gutes Beispiel:

Ich atme 3 mal tief ein und aus. Danach schildere ich gewaltfrei meine Emotionen und Bedürfnisse in angemessener Form.


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