Die therapeutische Grundhaltung beeinflusst maßgeblich, wie man sich in der therapeutischen Beziehung bewegt. Sie bildet die Grundmaximen des eigenen Handelns in der Arbeit ab. Ein Therapeut ist für mich:
- Ein Begleiter
- Cheerleader
- Klärungshelfer
- Lehrer
- Spiegel
- Sparringspartner
Er übt also vielerlei Funktionen in Personalunion aus. Mir persönlich ist wichtig, dass eine therapeutische Beziehung auf Augenhöhe stattfindet. Sie sollte von gegenseitiger Wertschätzung und Kompetenzzuschreibung gekennzeichnet sein.
Eine therapeutische Beziehung die nicht beides aus beiden Richtungen bereitstellen kann, ist therapeutisch nicht tragfähig. In diesem Fall sollte geprüft werden, ob eine Beziehung aufgebaut werden kann, in der sich Therapeut und Patient gegenseitig wertschätzen und als kompetent erachten.
Erachtet ein Patient den Therapeuten nicht als wertvoll, wird er nur schwer mit ihm in Interaktion treten. Sofern er Ihn nicht als kompetent erachtet, wird er nicht das Gefühl bekommen, dass er ihm beim Umgang mit eigenen Problemen helfen kann. Erachtet der Therapeut den Patienten nicht als wertvoll und kompetent, wird er dem Patienten nicht vermitteln können, dass dieser sich selbst entwickeln kann.
Hilfreiche Eigenschaften
Welche Eigenschaften sollte ein guter Therapeut demnach haben? Ich denke folgende Traits sind hilfreich:
Neugier: Je mehr wir fragen, desto mehr wird sich der Patient mit sich selbst konfrontiert sehen. Ständiges Hinterfragen fördert nicht nur unser Verständnis, sondern erzeugt Problemaktualisierung beim Patienten, sowie Selbstreflexion, als auch Mentalisierungsfähigkeiten.
Involviertheit: Wirf alles was du hast in den therapeutischen Prozess: Gedanken, Gefühle, Handlungen. Gestalte aktiv die Therapie. Therapier nicht an den eigenen Bedürfnissen vorbei, benutze Übungen und Techniken, die dir passen und die dabei helfen sich auf die Patienten einzustellen.
Authentizität: Zeig Emotionen, zweifel, sei ratlos, vielleicht auch besorgt. Für Patienten ist es wichtig, dass sie ein Modell für Emotionsäußerungen und Beziehungsgestaltung haben. Das geht nur, wenn sich der Gegenüber auch als echt und nahbar zeigt.
Humor: Die Arbeit an sich selbst kann sich anstrengend zeigen, es fällt viel einfacher negative Eigenschaften zu integrieren, wenn wir dazu in der Lage sind über diese zu lachen. Nimm daher Therapie als Therapeut nicht zu ernst!
Offenheit: Du wirst den Patienten nicht verstehen, wenn du nicht dazu bereit bist, die Welt durch seine Augen anzuschauen. Sei offen zur Perspektivübernahme. Zieh – zumindest vorübergehend – auch mal absurde Theorien oder Anschauungen in Betracht.
Unvorhersagbarkeit: Bleib unverhersagbar. Nimm einen Superpositionseffekt ein. Sei überall und nirgends. Überrasche deine Patienten. Lernen findet nur dann statt, wenn Unerwartetes geschieht. Bremsen aus wenn der Patient schnell ist, beschleunige, wenn er langsam ist, spring im Thema, wenn er klebt, lösch wenn er verstärkt. Zeig dich begeistert fürs Symptom, Floode den Patienten mit sinnlosen Lösungsstrategien. Stärken sein Selbstvertrauen und die Eigenverantwortung durch positive Verstörung.
Menschenbild
Sieh deine Mitmenschen als lernfähige, selbstbestimmte und handlungsfähige Akteure des eigenen Lebens an. Grundsätzlich gilt für den therapeutischen Prozess dabei:
- Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.
- Veränderung ist prinzipiell möglich.
- Man darf sich auch gegen Fortschritt entscheiden.
- Menschen sind systemisch bedingt.
- Problemverhalten hat Funktionalität.
Prinzipiell ist es sinnvoll, das System der Patientin mit in Betracht zu ziehen und in die Therapie zu involvieren, wo sinnvoll und vom Patienten erwünscht. Besonders wichtig ist dies bei Störungen, die einen hohen Impact auf das umliegende System haben, oder die genetisch stark determiniert sind. Hierzu gehören vor allem bipolare Störung, Schizophrenie, ADHS und Sucht. Beziehe hier das System so weit wie möglich mit ein.
Handlungsmaximen
Es gibt verschiedene Handlungsmaximen die sich anbieten:
Talk is Cheap: Reden ist billig. Beurteilen deine Patienten anhand ihrer Taten, nicht anhand der Worte. Wende gleiche Kriterien auf dich selbst an. Seien ein Modell und Vorbild, zeige deinen Patienten was zu tun ist und wie sie sich verbessern können.
Kein Applaus für Scheiße: Lösche Problemverhalten. Verstärke Lösungsverhalten. unterbrich Patienten beim Jammern, (L)abern und bei therapieschädigendem Verhalten. Hier darfst du: Vom Thema abschweifen, gähnen, Popcorn essen, Auf die Uhr schauen, oder einfach mitteilen, dass du gelangweilt bist und gerne die interessanten Aspekte des Patienten kennenlernen möchtest.
Edutain: Vermittle deinen Patienten Wissen – gerne mit Augenzwinkern! Verwende Bilder statt abtrakter Begriffe – Benutze Storytelling. Bleib sparsam und allgemein beim Aufbau vom Wissenssystemen. Verknüpfe das Wissen dosiert in Häppchen, verknüpfe es im Prozess.
Normalize Himbeereis: Zeige deinen Patienten wie normal ihr Verhalten ist. Zeige Ihnen wie normal Ängste, Sorgen, Ärger, Wut und andere unerwünschte Emotionen sind.
Feier euch! Vor allem den Patienten, genau immer dann, wenn er etwas gut macht, und sich in Richtung seiner Werte und Ziele bewegt. Davor, darf man gerne auch Cheerleaden und Anfeuern.
Charge! Finde das Ladekabel des Patienten. Wo kann er Energien aufbauen? Wie kann er aus Ressourcen schöpfen oder Ressourcen schaffen?
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